Wertschätzung von Biodiversität

Zur Modernisierung der Wirtschaftsberichterstattung in Deutschland

Forschen im Verbund

Aufgabenverteilung und Interviews mit beteiligten Forschern

Interview mit Karsten Grunewald: "Wir müssen ehrlich aufzeigen, wo unser Wirtschaften auf Kosten der Natur geht"

Karsten Grunewald

 

 

Dr. Karsten Grunewald
Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR)
Leiter des Forschungsprojektes Bio-Mo-D

 

 

 

Warum sollten Indikatoren für Ökosystemleistungen und Biodiversität aus Ihrer Sicht in Wirtschaftsberichte aufgenommen werden?

In unserer Gesellschaft wächst die Erkenntnis, dass Wohlstand, Glück und Gesundheit nicht allein von Wirtschaftswachstum abhängen. Zurzeit trifft die Politik ihre Entscheidungen aber vorrangig aus ökonomischen und sozialen Gründen, erst danach rangieren ökologische Motive. Wir möchten diese Reihenfolge umdrehen und stärker deutlich machen, dass unser Wohlergehen auch entscheidend von einer intakten Natur abhängt. Dafür müssen wir ehrlich aufzeigen, wo und in welchem Maß unser Wirtschaften auf Kosten der Natur geht. So wie wir an Dax-Berichten ablesen, wie es unserer Wirtschaft geht, so müssen wir auch eine ökologische Gewinn- und Verlustrechnung als Naturbarometer in den Berichtssystemen ausweisen. Dafür wollen wir die Bausteine liefern.

Mit welchen Forschungsfragen werden Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen am Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung sich im Rahmen des Projektes beschäftigen?

Wir haben zwei Hauptaufgaben. Zum einen sammeln wir empirische Informationen über Ökosystemleistungen und Biodiversität, wie zum Beispiel Daten zur Bodenfruchtbarkeit, zur Kohlenstoffspeicherung in Ökosystemen, zum Wert der Biotope für ganz Deutschland oder der Erreichbarkeit von öffentlichen Grünflächen zur Naherholung in unseren Städten. Wir sichten diese Daten und bewerten, welche davon geeignet sind, in privatwirtschaftliche und nationale Berichtssysteme aufgenommen zu werden. Zum anderen fragen wir Stakeholder beider Seiten – also etwa von Unternehmen und vom Statistischen Bundesamt -, welche dieser Daten aus ihrer Perspektive in die Berichte integriert werden sollten. Natürlich schauen wir auch, wo gibt es Anknüpfungspunkte zwischen beiden Seiten und machen selbst Vorschläge.

Wo sehen Sie dabei besondere Herausforderungen?

Eine der größten Herausforderungen wird es sein, aus der Fülle der Daten diejenigen herauszufiltern, die am aussagekräftigsten sind. Denn wir wollen Leitkennziffern entwickeln, auf deren Basis Unternehmen und Regierungen bessere Entscheidungen für den Schutz von Ökosystemen und Artenvielfalt treffen können. Dafür müssen wir Veränderungen und ihre Folgen ökologisch und monetär bewerten. Was bedeutet es etwa, wenn Flächen mit naturnahem Grünland abnehmen oder ökologisch bewirtschaftete Ackerflächen zunehmen? Was hat das für Folgen für die Grundwasserqualität oder die Nist- und Futterhabitate von Wildbienen?

IÖR - Leibniz-lnstitut für ökologische Raumentwicklung e. V.

Das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) ist eine von der Bundesrepublik Deutschland und vom Freistaat Sachsen gemeinsam geförderte Forschungseinrichtung. Es gehört zur Leibniz-Gemeinschaft und verfolgt als eingetragener Verein ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Am IÖR werden die dynamischen Wechselwirkungen zwischen Ökosystemen und der Gesellschaft auf verschiedenen räumlichen Maßstabsebenen sowie Optionen für eine verantwortungsbewusste Steuerung untersucht. Die Forschung ist sowohl disziplinär als auch interdisziplinär strukturiert und verbindet Umwelt-, Sozial- und Ingenieurwissenschaften. Sie erfolgt ebenso transdisziplinär in enger Kooperation mit öffentlichen, privaten und zivilgesellschaftlichen Akteuren. Das Ziel ist es, umweltgerechte urbane und regionale Transformationen zu fördern, die es dem Menschen ermöglichen, innerhalb eines sicheren ökologischen Lebensraums zu prosperieren.

Am Projekt Bio-Mo-D sind insbesondere die Forschungsbereiche 'Landschaft, Ökosysteme und Biodiversität' und 'Transformative Kapazitäten' beteiligt. Ersterer analysiert den Wandel von Städten und Regionen, ihre Ökosystemleistungen sowie Strategien, Instrumente und Governanceformen, um diese zu beeinflussen. Zweiter befasst sich mit der ökonomischen Analyse von Zielkonflikten, Ressourcenknappheit und Akteurshandeln sowie mit kosteneffizienten Steuerungsoptionen für eine ökologisch und ökonomisch nachhaltige Raumentwicklung.

URL: https:/www.ioer.de
Projektwebseite: https://www.ioer.de/projekte/bio-mo-d

Aufgaben:
Accounting-geeignete Biodiversitäts-/Ökosystem-Bewertungen; Mitarbeit bei Stakeholderanalysen; Verbundkoordination

Team: Karsten Grunewald, Artem Korzenevych, Sophie Meier, Steffen Schwarz

https://bio-mo-d.ioer.info/fileadmin/user_upload/bio-mo-d/img/team/grunewald-K-rund.png    https://bio-mo-d.ioer.info/fileadmin/user_upload/bio-mo-d/img/team/Korzhenevych_rund.png    https://bio-mo-d.ioer.info/fileadmin/user_upload/bio-mo-d/img/team/meier-s-rund.png   


Interview mit Jörg von Walcke: "Zu den Dimensionen der Nachhaltigkeit gehören auch soziale und ökologische Faktoren"

Jörg

 

 

Jörg von Walcke
Value Balancing Alliance e. V.

 

 

 

Warum sollten Indikatoren für Ökosystemleistungen und Biodiversität aus Ihrer Sicht in Wirtschaftsberichte aufgenommen werden?

Derzeit wird unsere volkswirtschaftliche Leistung vor allem an ökonomischen Parametern gemessen. Diese Orientierung am Wirtschaftswachstum hat uns viel Wohlstand gebracht, birgt aber auch negative Auswirkungen zum Beispiel auf die Umwelt. Denn zu den Dimensionen der Nachhaltigkeit gehören auch soziale und ökologische Faktoren. Nur wenn wir die Nutzung ökologischer Ressourcen ­- wie etwa Verbrauch von Wasser und Land, Luftverschmutzung oder CO2-Emissionen - in die Gesamtrechnung einbeziehen, werden wir eine gesamtheitliche Rechnung erhalten und auf Dauer ein resilientes System schaffen können. Das Geschäftsmodell der Zukunft muss ökonomische, ökologische und soziale Faktoren gleichermaßen berücksichtigen. Damit die Transformation gelingen kann, brauchen wir einheitliche Messmethoden und gleichzeitig pragmatische Ansätze.

Mit welchen Forschungsfragen wird sich die Value Balancing Alliance im Rahmen des Projektes beschäftigen?


Die VBA hat bereits einen Methodenansatz erarbeitet, mit dem auch ökologische und soziale Auswirkungen wirtschaftlicher Aktivitäten gemessen werden können. Biodiversität ist in diesem Ansatz, den wir „Value to Society“ genannt haben, bereits angedacht. Dieser Aspekt bedarf allerdings weiterer Vertiefung. Im Forschungsprojekt widmen wir uns deshalb den Fragen, welchen Kausalitäten Ökosystemleistungen unterliegen, zum Beispiel deren Auswirkungen auf Treibhausgase. Eine weitere Frage lautet, wie sich unternehmerisches Handeln auf Biodiversität auswirkt. Um zu diesen Themen Informationen und Daten zusammenzutragen, sprechen wir nicht nur mit Wissenschaftlern, sondern auch mit Experten des Statistischen Bundesamtes und Vertretern von Verbänden, weiteren Initiativen und Organisationen. Kooperation ist unserer Meinung nach der Schlüssel, um unseren Ansatz zu präzisieren und hoffentlich eine Blaupause für Deutschland zu entwickeln, mit der die Auswirkungen von Unternehmensaktivitäten auf Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft in ihrer Gesamtheit gemessen werden können.

Wo sehen Sie bei dem Forschungsprojekt die besonderen Herausforderungen?


Wenn wir untersuchen wollen, welche Auswirkungen unser wirtschaftliches Handeln auf die Biodiversität hat, dann müssen wir erstens die richtigen Indikatoren messen und zweitens auch mit einheitlichen Methoden. Wir brauchen also klare Rückmeldung aus der Wissenschaft, welche Faktoren aus der Fülle von ökologischen Kennzahlen wir priorisiert betrachten müssen. Und wir brauchen Daten. Die finanzielle Berichterstattung hat eine lange Historie von über 100 Jahren. Wir müssen für soziale und ökologische Indikatoren auf der einen Seite Grundlagenarbeit leisten und auf der anderen Seite pragmatische Lösungen zur kontinuierlichen Verbesserung der Wertbeiträge erarbeiten.

VBA - Value Balancing Alliance / BASF

Die Value Balancing Alliance e.V. wurde im Juni 2019 von BASF, Bosch, Deutsche Bank, LafargeHolcim, Novartis, Philip Morris International, SAP und SK gegründet. Sie ist ein gemeinnütziger Verein, der von Deloitte, EY, KPMG, PwC, der OECD, führenden Universitäten wie der Oxford University und der Harvard Business School sowie von Interessengruppen aus Regierung, Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Finanzmarkt und Standardsetzungsorganisationen unterstützt wird. Die Allianz konzentriert sich auf die Entwicklung und Standardisierung eines Modells, das es Entscheidungsträgern ermöglicht, die Wertschöpfung ihrer Organisation zu optimieren. Dieses Modell wird die Wertschöpfung der Unternehmen gesamtheitlich widerspiegeln, einschließlich Finanz-, Natur-, Sozial- und Humankapital.

URL: https://www.value-balancing.com/
Projektwebseite: https://www.value-balancing.com/en/projects/bio-mo-d/bio-mo-d.html
VBA video: https://www.youtube.com/watch?v=sGZ_bRpNHFE

Über BASF
Chemie für eine nachhaltige Zukunft, dafür steht BASF. Wir verbinden wirtschaftlichen Erfolg mit dem Schutz der Umwelt und gesellschaftlicher Verantwortung. Rund 122.000 Mitarbeiter arbeiten in der BASF-Gruppe daran, zum Erfolg unserer Kunden aus nahezu allen Branchen und in fast allen Ländern der Welt beizutragen. Unser Portfolio haben wir in sechs Segmenten zusammengefasst: Chemicals, Materials, Industrial Solutions, Surface Technologies, Nutrition & Care und Agricultural Solutions. BASF erzielte 2018 weltweit einen Umsatz von rund 63 Milliarden €. BASF-Aktien werden an der Börse in Frankfurt (BAS) sowie als American Depositary Receipts (BASFY) in den USA gehandelt.

Aufgaben:
Messbarkeit von Biodiversität auf Unternehmensebene; Netzwerkaktivitäten initiieren

Kontakt: Markus Röser

https://bio-mo-d.ioer.info/fileadmin/user_upload/bio-mo-d/img/team/roeser_m_rund.png

 

 


Interview mit Johannes Förster: "Wir wollen auch Synergien zwischen nationalen und unternehmerischen Berichtssystemen erschließen"

Johannes Förster

 

 

Johannes Förster
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH – UFZ

 

 Warum sollten Indikatoren für Ökosystemleistungen und Biodiversität aus Ihrer Sicht in Wirtschaftsberichte aufgenommen werden?

Unsere natürlichen Ressourcen sind die Grundlage für unser gesellschaftliches Wohlergehen, ob das nun nährstoffreiche Böden sind, sauberes Wasser, die Bestäubungsleistung von Insekten oder die Natur als Erholungsquelle. Artenvielfalt ist dabei von zentraler Bedeutung, da intakte Ökosysteme die Lebensgrundlage des Menschen und damit auch die Grundlage der Wirtschaft sind. Wir brauchen deshalb eine bessere Einschätzung, welche Ökosysteme durch unser Wirtschaften genutzt werden und welche Auswirkungen und Abhängigkeiten damit verbunden sind. Wenn wir heute etwa im Supermarkt ein Produkt kaufen, dann ist dessen Herstellung oft durch Biodiversität und Ökosysteme erst ermöglicht worden. Allein die Bestäubung durch Insekten spielt für eine Vielzahl von Produkten eine wichtige Rolle. Diese Zusammenhänge zwischen Biodiversität und Wirtschaft werden bisher jedoch kaum erfasst. Um Biodiversität zu erhalten und eine nachhaltigere Wirtschaft zu fördern, ist mehr Transparenz über die Zusammenhänge von wirtschaftlichem Handeln und Biodiversität wichtig.

Mit welchen Forschungsfragen wird sich das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung im Rahmen des Projektes beschäftigen?

Wir schauen, welche Initiativen es aktuell gibt, die bereits Ansätze etablieren, um Indikatoren und Kennzahlen für die Nutzung von Biodiversität und Ökosystemleistungen in Wirtschaftsberichte aufzunehmen. Uns interessiert, welche Art von Informationen für die Akteure eine Rolle spielen, mit welchen Kriterien sie arbeiten, welche Standards sie entwickeln und was ihre Motive sind. Wenn wir besser verstehen, welche Informationen über Biodiversität auf Unternehmensebene wichtig sind, können wir von wissenschaftlicher Seite Synergien mit bestehenden wissenschaftlichen Informationen aber auch mit bereits etablierten staatlichen Berichtssystemen zu Biodiversität erschließen. Klassifizierungen von Ökosystemen, Flächennutzung und Ökosystemleistungen bestehen ja bereits und können möglicherweise auch in ein Accounting – also eine Bilanzierung - von Biodiversität in Unternehmen einfließen. So könnte diese Information wertvoll für Unternehmen sein, die ihren Flächenverbrauch in ihre Bilanz einrechnen wollen. Ziel ist es, die beiden Ebenen stärker zu vernetzen und Synergien zu fördern, um später zu einem gemeinsamen Accounting von Biodiversität nach den gleichen Standards zu kommen.

Wo sehen Sie bei dem Forschungsprojekt die besonderen Herausforderungen?

Mit unserer Forschung möchten wir Unternehmen dabei unterstützen, künftig stärker Biodiversität in Unternehmensentscheidungen zu berücksichtigen. Allerdings gibt es natürlich eine große Vielfalt an Unternehmen und Branchen mit ganz unterschiedlichen Auswirkungen auf und Abhängigkeiten von Biodiversität und natürlichen Ressourcen. Eine große Herausforderung wird es deshalb sein, den Prozess der Etablierung einheitlicher Standards zu unterstützen, gleichzeitig aber auch Spielraum für möglichst passgenaue Informationen zu ermöglichen, welche Unternehmensentscheidungen sinnvoll unterstützen können. So soll sichergestellt werden, dass eine Bilanzierung (Accounting) von Biodiversität in Unternehmen tatsächlich auch konkrete Handlungen für mehr Nachhaltigkeit unterstützen kann.

UFZ - Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung

Das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH – UFZ ist eines der weltweit führenden Forschungszentren im Bereich der Umweltforschung. Es verfolgt das Ziel, einen nachhaltigen Umgang mit den natürlichen Lebensgrundlagen zum Wohle von Mensch und Umwelt aufzuzeigen. Das UFZ hat umfangreiche Erfahrungen in der integrierten Umweltforschung, verfügt über innovative wissenschaftliche Infrastrukturen und unterhält wichtige nationale und internationale Kooperationen mit Forschungsinstituten sowie mit Entscheidungsträgern in Politik, Verwaltung und Wirtschaft. Dadurch werden praxisorientierte Lösungsoptionen auf fundierter wissenschaftlicher Basis erarbeitet. Insbesondere die Forschung im UFZ-Themenbereich "Umwelt und Gesellschaft" trägt dazu bei, innovative Strategien, Bewertungen und Instrumente zu entwickeln, die einen nachhaltigen Schutz von Umweltressourcen und gesellschaftliche Bedarfe in Einklang bringen. Dabei ist es das Ziel, Konzepte, Instrumente, und Handlungsempfehlungen für die Ausgestaltung von Transformationsprozessen zu entwickeln, die auch Eingang in die gesellschaftliche Praxis finden. In diesem Kontext hat das UFZ u. a. die internationale Initiative "TEEB – The Economics of Ecosystems and Biodiversity" wissenschaftlich koordiniert sowie die Durchführung der nationalen Studie "Naturkapital Deutschland - TEEB DE" geleitet.

URL: https://www.ufz.de/index.php?de=43278
Projektwebseite: https://www.ufz.de/index.php?de=49374

Aufgaben:
Identifizierung von Defiziten und Chancen, die Unternehmensebene und die nationale (öffentliche) Accounting-Ebene besser zu verknüpfen; Aufbereitung und Kommunikation möglicher Synergien zur Unterstützung von Science-Policy Prozessen für ein integriertes Accounting von Biodiversität

Team: Johannes Förster, Tobias Wildner, Bernd Hansjürgens

Johannes Förster Tobias Wildner    Bernd Hansjuergens


Interview mit Roland Zieschank: "Investoren erwarten mehr Aktivität von Unternehmen im Bereich Nachhaltigkeit"

Roland Zieschank

 

 

 

 Roland Zieschank
Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung gemeinnützige GmbH

 

 

Warum sollten Indikatoren für Ökosystemleistungen und Biodiversität aus Ihrer Sicht in Wirtschaftsberichte aufgenommen werden?

In vielen Unternehmensbilanzen, aber auch in nationalen Dokumentationen wie den Jahreswirtschaftsberichten oder dem Gutachten der Wirtschaftsweisen bleibt die Natur bisher gleich zweifach unberücksichtigt: Dort sind weder Umweltschäden eingerechnet noch taucht die Natur als produktiver Faktor auf. Wir wissen aber, dass wirtschaftliches Wachstum einer der Haupttreiber für den Verlust von Biodiversität ist. Mit der Integration von Ökosystemleistungen in die Berichte schaffen wir mehr Bewusstsein für den Wert intakter Natur und initiieren so ein anderes, verantwortlicheres Wirtschaften - nicht nur bei den Unternehmen, auch in der Politik und auf staatlicher Ebene. Etwa wenn es darum geht, nationale und EU-Fördergelder stärker nach ökologischen Kriterien zu vergeben.


Mit welchen Forschungsfragen wird sich das Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung im Rahmen des Projektes beschäftigen?

Wir untersuchen, wer sind die unterschiedlichen Akteure auf diesem Feld. Wer hat Interesse, dass Ökosystemleistungen in Berichte aufgenommen werden? Welche Motive liegen dort vor? Wo gibt es Allianzen? Unsere Stakeholderanalyse umfasst Wissenschaftseinrichtungen, Unternehmen, Verbände, Behörden, Ministerien bis hin zu großen Wirtschaftsberatungsfirmen. Denn Investoren erwarten immer häufiger, dass Unternehmen im Bereich Nachhaltigkeit noch aktiver werden. Zu unseren Aufgaben zählt aber auch eine Politikfeldanalyse. Das heißt wir schauen, welche rechtlichen Rahmenbedingungen gibt es in Deutschland und in der EU, wo sind Netzwerke, welche politischen Akteure sind maßgeblich. Ziel ist ein verbesserter Informationsfluss in Bezug auf die Integration von Indikatoren für Ökosystemleistungen und Biodiversität zwischen der wissenschaftlichen Seite und den politischen und wirtschaftlichen Entscheidern.

Wo sehen Sie bei dem Forschungsprojekt die besonderen Herausforderungen?

Das ganze Feld ist enorm komplex. Deshalb ist die Gefahr groß, dass sofort die Kritik aufkommt, diese und jene Faktoren seien nicht berücksichtigt worden. Auch die Kontakte zwischen den Akteuren auf nationaler und privater Ebene im Bereich einer wirtschaftlichen Berichterstattung müssen sich erst einspielen. Wie ist es mit der gegenseitigen Wahrnehmung und der Bereitschaft zur Diskussion? Außerdem gibt es derzeit ganz unterschiedliche Methoden, die Nutzung von Ökosystemleistungen zu monetarisieren. Da braucht es auch eine Abstimmung innerhalb der Wissenschaft. Und wir wissen nicht ausreichend, welche "Hebel" hilfreich sind, damit die Ergebnisse unserer Forschung später tatsächlich in die Entscheidungsprozesse bei Unternehmen und Politik einfließen. Es gibt also jede Menge Herausforderungen bei unserem Projekt.    

IZT - Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung gemeinnützige GmbH

Das IZT – Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung gemeinnützige GmbH ist eine 1981 gegründete unabhängige Forschungseinrichtung in Berlin mit derzeit 45 Wissenschaftler:innen, darunter mehreren mit einem Masterabschluss in Zukunftsforschung. Im Mittelpunkt der Arbeit des IZT stehen die Erforschung und Entwicklung von ökologisch, sozial und generativ verträglichen Lösungsstrategien in Wirtschaft und Gesellschaft mit der Zielorientierung an einer Transformation zu einer Nachhaltigen Entwicklung und Zukunftsfähigkeit. Das IZT arbeitet mit bewährten und neueren Konzepten und Methoden der qualitativen und quantitativen Ursachen-, Folgen-, Bewertungs- und Perspektivforschung. Es ist Teil des Konsortiums des „Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag“ (TAB) sowie institutionell in drei Netzwerken verankert: Netzwerk Zukunftsforschung (2007), in dem das IZT Gründungsmitglied und in dessen Board es vertreten ist; das Ecological Research Network (Ecornet), ein Netzwerk der außeruniversitären, gemeinnützigen Umwelt- und Nachhaltigkeitsforschungsinstitute; das Netzwerk Technikfolgenabschätzung (NTA) als Gründungsmitglied. Des Weiteren ist das IZT institutionelles Mitglied der World Futures Studies Federation (WFSF) und in Netzwerken aktiv, die von Bundesministerien ins Leben gerufen wurden: Netzwerk Verbraucherforschung, Netzwerk Ressourceneffizienz, das Netzwerk Bildung für Ressourcenschonung und Ressourceneffizienz sowie das Forschungsnetzwerk Energie. Es ist zudem Mitglied der DeGEVal – Gesellschaft für Evaluation e. V. Das IZT war am Aufbau des Masterstudiengangs Zukunftsforschung an der FU Berlin und ist dort sowie in anderen Hochschulen an der Lehre beteiligt.

URL: https://www.izt.de/
Projektwebseite: https://www.izt.de/themen/view/project/bio-mo-d/

Aufgaben:
Identifizierung wichtiger Stakeholder, ihres Einflusspotenzials sowie von Akteurskonstellationen im Hinblick auf die Integration von ÖSL in UGR und Unternehmensberichte; Politikfeldanalyse; Empfehlungen für einen verbesserten Informationsfluss zwischen der ÖSL-Forschung bzw. Accounting und der Ebene politischer und wirtschaftlicher Entscheidungsprozesse

Team: Roland Zieschank, Marguerite Sievi, Christine Henseling, Siegfried Behrendt

 https://bio-mo-d.ioer.info/fileadmin/user_upload/bio-mo-d/img/team/zieschank_rund.png           



Beteiligte Partner

Heike Leitschuh

Heike Leitschuh

 

 

Heike Leitschuh ist Dipl.-Politologin und im Projekt Bio-Mo-D verantwortlich für Moderation sowie Vor-/Nachbereitung von Veranstaltungen/Workshops.

 

 

Kai Neumann

Kai Neumann

 

Kai Neumann von der Consideo GmbH  wird im Projekt Bio-Mo-D die Stakeholder bezogen auf die Zielsetzung in ihren Wirkungszusammenhängen qualitativ modellieren, um so effektive Hebel für die Bildung von Allianzen und die Entwicklung einer Strategie zur Zielerreichung zu identifizieren.